Gebaeude Flagge Gebaeude Dach Platz Huetten Huette Kiosk Haupteingang Wiese Winter

 


Erinnerungen von Mietze Bausch, der Tochter des Haanhof-Pächters Leopold Bausch

 Der Geheimgang

 1875 übernahm mein Vater, Leopold Bausch, die Pachtung der Hahnenburg. 1876 zogen aber erst meine Mutter, meine beiden Brüder und ich nach der Hahnenburg nebst meinem kleinen Schwesterchen. Ein alter Schäfer, Piter Walgenbach, der seinerzeit schon lange auf der Hahnenburg war, gab meinem Vater die Abschrift eines Dokumentes (dessen Vater hatte es von seinem Vater, der schon 1768( ?) auf der Hahnenburg lebte, erhalten. Der alte Schäfer, Piter Walgenbach, war 1875 bereits 89 Jahre alt und erzählte meinem Vater, dass das Original des Dokumentes in einem schweinsledernen Buch gestanden habe, das beim Brand verbrannt wäre. Es sei das Buch eine Art Chronik gewesen, die der Erbauer der Hahnenburg verfasst habe. Damals habe die Hahnenburg aber Hahnenhof geheißen und ein Advokat mit Namen Jäger habe das schweinslederne Buch gestempelt und auch die Abschrift des Dokumentes verfertigt. Wie der Großvater des Schäfers an das Dokument gekommen war, wusste der alte Schäfer nicht.

  1. Die Urkunde des alten Schäfers

 In dem Dokument stand wörtlich geschrieben, dass im Turm des Hahnhofes ein Raum mit einer schweren Tür aus Eisen sei, davor sich noch zwei Holztüren befänden, und dass in dem betreffenden Raum sich eine Art Verließ befinde. Auf dem Boden sollte eine größere Steinplatte sein, die in der Mitte einen kupfernen Ring habe. Wenn man die Steinplatte hochhöbe, dann sei darunter ein unterirdischer Gang. Es sei eine Strickleiter vorhanden, durch die man hinuntersteigen könnte. Unten münde dieser Schacht in ein Gewölbe. Aus diesem führe ein Gang nach dem Weiher (der zugeschüttet wurde) unten im Park. Am Ende des Ganges liege ein kleiner Kahn. Hinter dem Kahn sei wieder eine Steinplatte mit einem kupfernen Ring. Ziehe man daran, lege sich die Platte heraus und dahinter sei eine dicke Eisentür, durch welche der kleine Kahn mit einer Person, sobald man zwei Riegel fortschiebe, in den Weiher fahre. Der Erbauer habe dies angelegt, um bei etwaiger Kriegsgefahr oder dergleichen sich durch den unterirdischen Gang in Sicherheit bringen zu können. Der unterirdische Gang solle durch einen Gang mit dem Totenkeller hinter der Kapelle verbunden gewesen sein, den man aber habe zuschütten lassen. Aber im Totenkeller befinde sich noch ein Loch in der Wand, das beweise, dass früher dort ein Schacht gewesen sei. Wenn man einen Stein durch das Loch werfe, vernähme man keinen Aufschlag. Der oder diejenige, welche den Eingang im Turm zu dem Verließ und dem unterirdischen Gang entdecke, dem solle der jeweilige Besitzer des Hahnenhofes im Zimmerschoss ein Haus bauen, mit kleinem Stallanbau, und ihm 100 Morgen Land dazu geben, wie auch das Holz auf dem Dusemich. Wenn der Pächter den Eingang selber fände, sollte der Besitzer des Hahnenhofes diesem den Hof auf 20 Jahre pachtfrei überlassen. – So steht es geschrieben und soll so erfüllt werden. Die Unterschrift soll „Hahn“ geheißen haben und von einem Advokaten Jäger beurkundet worden sein. Dasselbe Schriftstück habe im großen Esszimmer. Von einem Erben sei das Schriftstück an sich genommen worden.

 2. Der geheimnisvolle Turm

 Unser Vater ließ nun im ersten Jahr seiner Anwesenheit auf der Hahnenburg durch mehrere Architekten den Turm untersuchen. Aber diese fanden durch eifriges Abklopfen und Vermessen den Hohlraum im Turm, wo das Verlies sein sollte, nicht. Wohl glaubten sie beim Abklopfen im untersten Turmzimmer auf dem ersten Hausboden zu bemerken, dass unter dem Turmzimmer eine Höhlung bestehe, da sich das Klopfen ganz hohl anhörte. Sie fanden aber trotz vielen Bemühens den Eingang nicht. Nun hing im Esszimmer, dem großen Zimmer nach der Kapelle zu, das gleiche Schreiben wie das, das der Schäfer meinem Vater übergab, aber ohne Siegel und Stempel. Aber es standen die Worte darunter, dass der Erbauer des Hahnenhofes seinen Erben verbiete, am Turm oder sonst wie am Mauerwerk was zu brechen oder einzuschlagen. Sofern die Erben es täten, fiele der Hahnenhof mit allem was drauf und dran an das Dorf Bruchhausen. Natürlich wagte es da keiner, am Turm was zu brechen.

Es befanden sich im Turm zwei Turmzimmer übereinander. Im untersten hatte unsere Mutter einen Kanarienvogelhecke, im oberen Turmzimmer bewahrte sie Hasel- und Walnüsse und abgeschnittene Reben mit Weintrauben im Winter auf (von den Burgunder Trauben, die am „neuen Weg“ wuchsen, und die wir Weihnachten als B. Trauben auf die Teller bekamen. Mutter siegelte die Schnittflächen mit Siegellack zu und so blieben die Trauben bis Weihnachten frisch.) Das Dokument, das im großen Esszimmer gehangen, hatte der Miterbe Daber an sich genommen.

 3. Die Entdeckung

 ........ Auf meinem 16. Geburtstag, wo sehr schlechtes Wetter am 10. April war, spiel-ten wir oben in den Zimmern der Hahnenburg Verstecken. Neben dem großen Esszimmer lag das Wohnzimmer, dann kam das Grüne Zimmer, dass das Rote Zimmer und daneben lag das so genannte Turmzimmer, das aber, da es stets Herr Daber bewohnte „Daberzimmer“ genannt wurde. Wenn er kam – er kam stets im Frühjahr und nach den Herbstferien das zweite Mal –, wohnte er hier. In dem Zimmer hatte ein Büchergestell an der Seite nach dem Turm zu gestanden. Das Gestell ließ Herr Daber entfernen und im zweiten Zimmer von der Kapelle aus aufstellen, das von da ab Bibliothek hieß, obwohl es ein Schlafzimmer genau wie das Zimmer daneben war. Wo das Bücherregal gestanden hatte, befand sich in der Wand eine Tapetentür und hinter derselben ein Schrank, worin Herr Daber seine Anzüge verstaute, die er stets auf der Hahnenburg trug und die er auch da ließ. Der eine Architekt hatte zu Vater 1876 gesagt, nach seiner Meinung könnte nur in dem Zimmer hinter der Tapete der Eingang zu dem Verließ sein. In Wirklichkeit war er aber hinter dem Wandschrank.

Wir spielten also oben Verstecken. Ich hielt mit der rechten Hand die Tapetentür, mit der linken Hand stützte ich mich auf eine Leiste, an der Haken aus Holz waren, woran die Westen von Herrn Daber bammelten. Als ich den, der suchen musste, in das Zimmer treten hörte, drückte ich mich fest gegen die Holzwand und auf die Leiste, wodurch die mit einem tüchtigen Krach herunter fiel und sich dadurch die rückwärtige Holztäfelung löste und aufsprang, gegen mich drückte, so dass ich mitten in das Zimmer purzelte. Als ich mich umsah und aufsprang, gähnte mir da ein schwarzes Ungetüm entgegen. Ich stürzte nach unten zu Vater und den Brüdern, die im Wohnzimmer saßen. Sie rannten mit nach oben – außerdem einige Knechte und der Gärtner August Perzdorn, die in der großen Küche gerade beim Kaffee saßen. Wir sahen dann alle, dass ich den Eingang zum Verließ gefunden hatte. Bei dem Dokument, dass in dem Esszimmer gehangen hatte, hatte noch ein großer Schlüssel gehangen für die dicke schwere Eisentür zum Verließ. Den holte mein Vater und öffnete die Eisentür. Ein Raum kam zum Vorschein, wo unter anderem alte gedruckte und beschriebene Blätter auf einem Regal an der Wand lagen. Aber auf dem Fußboden, der mit großen Steinplatten belegt war, befanden sich eine große Platte und darin ein kupferner Ring. Den hoben mein Vater und mein Bruder hoch, was erst gar nicht gehen wollte, so fest lag die Platte. Als sie hoch war, hing da ein Stück Strickleiter. Eine dicke, dumpfe Luft stieg aus dem Schacht hoch, so dass Vater verbot, herunterzusteigen. Mein jüngster Bruder musste darauf nach Unkel reiten und Dr. Pfahl holen, unseren Arzt und ein Freund meines Vaters und des Bürgermeister von Altrock. Dr. Pfahl band sich eine Laterne vor, ließ sich anseilen und in den Schacht hinterlassen. Er war fünf Meter herunter, als er gebot, ihn hochzuziehen, da ihm die Luft ausging. Er gebot, alle drei Fenster des Zimmers zu öffnen und die Tapetentür und die Eisentür offen zu halten, damit die schlechte Luft entweichen konnte. Er versprach, am anderen Tag wiederzukommen.

Am nächsten Tag ließ er sich tiefer herunter, bekam aber keinen Grund unter die Füße und ließ sich wieder hoch seilen. Mein jüngster Bruder ließ sich etwa zehn Meter herunter, musste aber auch wieder hoch, da die Luft zu schlecht war. Ob später noch weitere Versuche gemacht wurden, weiß ich nicht.

 

Anmerkung:   Der Geheimgang heute

  * * * * *

Ein Erlebnis auf der Hahnenburg muss ich noch niederschreiben, weil es mich in der ganzen Gegend bekannt machte:

Königlicher Besuch inkognito